Kreuz, drei trauernde Frauen
Das Kreuz wird der 1. Hälfte des 17. Jh. zugeordnet (“Kunstdenkmäler Hohenzollerns”). Später erhielt es eine barocke Fassung:
Fleischfarbe des Christus graurosa, das Lendentuch glanzgold, Kreuzesbalken braun. Die 3 trauernden Frauen stellen Maria (Mutter Gottes), Maria Magdalena und Maria, die Frau des Kleophas dar.
Die Entstehung und die Entstehungszeit der Figuren bleibt immer noch im Dunkeln. Angegeben wird nach 1322. Professor Baum datiert sie um 1420, H. Genzmer um 1430. Dem schliesst sich Pfr. Waldenspul an.
Hintergrund: Die Michaelskapelle (bei der Kirche) wird 1421 restauriert. Im selben Jahr stiften die Werdenberger Grafen die Michaelspfründe “mit einer ewigen Messe” und dort angestelltem Priester. In der Kapelle wird ein Heiliges Grab errichtet.
Waldenspul schliesst: “Sollten nun nicht gerade in diesem Jahr oder wenigstens bald darauf die Holzbildwerke des Hl. Grabes entstanden sein, vielleicht sogar auf gräflichen Wunsch und gräflichen Kosten hin… .” Wer ist der Meister, der die Figuren geschaffen hatte? Um diese Zeit (1430) schuf der Trochtelfinger “Heinrich Gretzinger” die Bilderzyklen der Erhardskapelle. Er malte auch in der Laizer Kirche und hat dort auf der Rückseite einer Madonna seinen Namen verewigt.
Pfr. Waldenspul schreibt: “Doch reicht dieser Vermerk noch nicht hin, um ihn auch als Bildschnitzer in die schwäbische Kunstgeschichte einzuführen. Man ist gezwungen, den Schöpfer der trauernden Frauen – wie bisher – als “Meister von Trochtelfingen (unbekannt) anzusprechen.” Dagegen weiss man ziemlich sicher, dass die 3 Frauen über Jahrhunderte hinweg als Bestandteil des Hl. Grabes in der Michaelskapelle standen. 1823 wurde der Abbruch der Kapelle genehmigt. Tatsächlich abgerissen wurde sie um 1838/39. Wohin gelangten die Figuren? Eine Figur war zeitweise in unserer Kirche unter dem großen Kreuz beim Knabeneingang an der Wand befestigt (bis 1921), eine weitere stand in der Christi-Ruh-Kapelle (damals Stadtackerkapelle genannt) auf dem Boden, die dritte (Maria Magdalena) lag auf dem Dachboden der Hörschwager Kirche. Diese wurde 1920 von Stadtpfr. Güntner für 1500 Mark zurückgekauft, sie war um 30 cm verkürzt. 1922 wurde sie von Karl Volk, Jungnau, ergänzt (noch sichtbar!).
Die folgende “Sage” über eine vierte Figur (rechter Bildteil) wurde während der Renovation im Jahre 2003 widerlegt. Die im folgenden beschriebene Figur kann durchaus der Hand desselben Künstlers entstammen, kann bedingt durch ihre Größe nicht zu dieser Gruppe gehören. Eine Kopie derselben befindet sich im Chorraum.
-Eine vierte trauernde Frau befindet sich heute im Schloss Lichtenstein. Waldenspul fragt sich – und wird von Prof. Bauer bestärkt – ob nicht diese Frau “mit ihren gefalteten Händen und ihrer mehr frontalen Wiedergabe als Muttergottes anzusehen ist.”
Hierzu passt folgende Geschichte, die Stadtpfr. Rapp erzählte: “Als Waldenspul von einer “Prinzessin” durchs Schloss Lichtenstein geführt wurde, fiel sein Blick auf die Figur der trauernden Frau. Er sagte, die Figur gehöre doch nach Trochtelfingen. Der Prinzessin sei die Frage unangenehm gewesen, verlegen hätte sie gesagt, sie wolle darüber nicht reden.”
1920 bemühte sich Stadtpfarrer Güntner um die Errichtung eines Kriegerdenkmales. Nach langem Hin und Her wurde das Denkmal an der Wand des Turmes errichtet, wobei unsere 3 trauernden Frauen mitverwandt wurden. Sie wurden untersucht und restauriert. Dabei mussten sie einiges über sich ergehen lassen. Mehrere “Staffierer”, Kunstmaler, Sachverständige und auch Stadtpfr. Güntner, der sich überaus sachkennerisch und auch besserwissend gab, arbeiteten daran. Schließlich konnten 3 Fassungen, bei der Mutter Gottes sogar 4, entdeckt werden. Man war der Meinung – besonders Güntner – dass die ursprüngliche Fassung ziemlich dunkel war: Mantel schwarz, Unterkleid caput mortuum (erstorbenem Blute ähnlich), Kopftücher gelblich weiss.
Die Restauration führte Anton Frank, München, (ein gebürtiger Tafertsweiler) aus.
Doch hinsichtlich der 1. Fassung wurden (später) große Bedenken geäussert. Warum?
a) Landeskonservator Laur (Friedrichshafen) schrieb 1922:
“Es ist mir nicht recht verständlich, dass jetzt die alte Fassung, die ich bei meiner Anwesenheit selbst aufgedeckt hatte, schwarz sein soll (!)”. In einem Schreiben eines Sachverständigen ersetzt Güntner das Wort “blau” einfach mit “schwarz”!
b) Bogenschütz äußert sich später 1931:
“Was vorstehend von schwarzer, gotischer Fassung berichtet ist, dürfte nicht stimmen… von Restauratoren untersuchen lassen, von Meinrad Glas, Kunstmaler, von Dr. Schmid, Denkmalamt Stuttgart. Einstimmig erklärten sie, dass das “Schwarz”, das gotische Originalfassung sein sollte, vielleicht 80 Jahre alt sei.”
c) H. Genzmer schreibt nach 1963: Diese Figuren haben durch den Restaurator Fidelis Marmon, Sigmaringen (1963),… “eine ihrer Entstehungszeit entsprechende Farbigkeit mit viel “Blau” und “Rot” bekommen.” (Stadtpfr. Rapp erinnerte sich: “Marmon laugte sie ab, dabei kam blau und rot hervor.”)
Seit der Renovation der Kirche 1963/64 sind sie nun hinter dem Altar an der Ostwand angebracht und bilden mit dem Kreuz einen markanten Blickfang für jeden Besucher.
Anbei seien noch die übrigen Fassungen der trauernden Frauen angegeben.
2. Fassung: Vorrenaissancezeit, Ölfarbe: das Oberkleid grün, die Umschläge gelblich, das Untergewand braunrot, der Schleier weiss, das Gesicht rötlich.
3. Fassung: aus der Restaurationszeit 1850 bis 1900 (?),Ölfarbe: das Oberkleid dunkelblau, Umschläge weiss mit Goldsaum, Unterkleid rot, Schleier weiss mit Goldsaum, Gesicht gelbliche Fleischfarbe.
Anm.: Die 1922 entdeckten Fassungen dürften wohl stimmen, doch die Einordnung in die Epochen stimmen so sicher nicht.